COPD heißt die Diagnose, die man vielleicht gerade vom Arzt bekommen hat. Aber was heißt COPD und was macht diese Tatsache mit mir?
Die Abwärtsspirale beginnt, weil Sorgen und Ängste auf einmal noch dazukommen, als hätte diese Krankheit alleine nicht gereicht.
Obwohl ich schon viele Geschichten und Erlebnisse von meinen Patienten erlebt und gehört habe, hat mich dieser Brief einer Frau besonders berührt.
Den Namen habe ich aus datenschutzrechtlichen Gründen geändert.
Gerda schreibt:
(Originaltext – inklusive Schreibfehler)
„Dieser Text spiegelt meine momentane Lebenslage wieder!!!!!
Ich habe COPD,
ja, ich habe seit Jahren COPD, bekomme immer weniger Luft, bin nicht mehr so belastbar, kann nicht mehr so, wie ich gerne möchte. Ich komme mir oft vor, wie ein Gefangener in meinem eigenen Körper.
Jeder, der mich sieht, kann es sich nicht vorstellen, denn ich sehe nicht so krank aus wie jemand mit Krebs oder einer anderen Erkrankung, mir fehlt auch kein Arm, Bein oder so.
COPD ist meist nicht sofort sichtbar, erst dann, wenn ich nichts mehr kann, dann bekommt meine Umgebung es mit. Aber das heißt nicht, dass ich nicht weiterhin am ganz normalen Leben teilhaben möchte, wenn es mir möglich ist, denn in meinem Inneren bin ich immer noch die, die ich vorher war.
Ich lache gern, bin immer noch gern unter Menschen oder gehe gerne aus.
Leider kann ich das wegen verschiedener Unabwägbarkeiten nicht ganz so spontan, wie ich es vielleicht gerne noch möchte. Mein Tag richtet sich nach dieser Lungenkrankheit jeden Tag neu, je nach Befinden.
Meine Lunge führt oftmals ein Eigenleben, mein Kopf möchte, aber meine Lunge macht nicht mit. Sie besteht darauf, zuerst mit den notwendigen Medikamenten versorgt zu werden und das Wetter, bitte schön, sollte auch so sein, dass wir uns beide wohlfühlen.
Oft wenn jemand mich besuchen mag, dann trifft er mich, still in der Wohnung sitzend, nicht weil mir das so gut gefällt, sondern weil es mir an diesem Tag nicht möglich ist, das zu tun, was ich gerne möchte. Vielleicht mache ich dann einen abwesenden Eindruck, verzeih, das liegt aber nicht daran, dass ich dir bei deinen Sorgen, Ängsten und anderen Problemen nicht weiter gerne zuhöre, dich tröste und unterstützen mag. Nur manchmal braucht mein Körper alle Kraftreserven für sich selbst, und ich kämpfe gegen diese körperlichen Schwächen mit aller Kraft an.
Auch mir macht das keine Freude, glaube es mir, ich würde lieber zuhören, mit dir lachen, etwas mit dir unternehmen.
Stell dir vor, du hast eine Grippe oder Erkältung und die damit verbundene Luftknappheit jeden Tag, jede Nacht, du musst damit alles machen, es geht nicht wieder weg.
Es bleibt!!!!!!!!!!! Immer!!!!!!!!!!!!!!
Dagegen gibt es einfach kein Medikament. Die Medikamente, die ich nehmen muss, nehme ich nicht einfach ein paar Tage, nein, den Rest meines Lebens muss ich sie nehmen, weil sie mir den Alltag erleichtern, mich auf „TRAB“ bringen, ohne sie könnte ich nicht mehr lange am Leben teilhaben. Daher ist es auch so wichtig, sie pünktlich einzunehmen.
Ich kann nicht mal eben so einfach von daheim wegbleiben, ich muss alles planen, jeden Tag. Es gibt Tage, an denen ich einfach nicht aufstehen mag, denn es ist ein schlechter Tag.
Ich zwinge mich aber für mich, meine Seele, mein Wohlbefinden, das zu tun, was ich schaffe, um nicht psychisch daran zu zerbrechen. Wenn du mir auf der Straße begegnest und meinst, ich sehe aber heute gut aus, dann freut mich das, denn heute ist ein guter Tag, an dem ich fast ohne Probleme endlich mal unter Menschen sein kann.
Ich arbeite jeden Tag daran, mich gut zu fühlen. Bitte frag mich nur, wenn du ehrlich wissen möchtest, wie es mir geht. Frag nicht, weil „man“ es so fragt, denn dann bekommst du nie eine ehrliche Antwort von mir.
Ich möchte meine Krankheit nicht immer und überall verschweigen, so tun, als sei alles okay, denn das ist es nicht. Wünsch mir keine „gute Besserung“, denn es wird nicht besser.
COPD ist keine Krankheit, die geheilt werden kann, sie wird nur herausgezögert. Bitte sei mir nicht böse, wenn ich unsere Verabredung im letzten Moment absage, aber jeder Tag ist anders, jede Minute kann sich meine Erkrankung verändern.
Das ist auch für mich schwer zu verstehen, zu akzeptieren, denn ich muss mich auch anpassen, ob ich will oder nicht.
Oft macht mich das depressiv, aber ich kämpfe dagegen an. Vieles in meinem Leben sehe ich heute mit anderen Augen, und ich muss an guten Tagen so viel wie möglich erledigen, denn ich weiß nie, wie der folgende Tag wird.
Das alles kostet enorm viel Kraft und erfordert viel Planung des Lebens. Heute erfreu ich mich an Dingen, die für die meisten ganz selbstverständlich sind, die sie kaum noch wahrnehmen. Für mich kann ein Vogel auf der Wiese ein unglaublich schöner Anblick sein, ein Tag in der Sonne, dein Besuch, dein Verständnis für mich.
Ich habe mich verändert, das mag dich irritieren, mich hat es auch irritiert, mein Leben anders, ganz anders gestalten zu müssen. Auch ich habe Ängste und weiß nicht immer, wie ich damit umgehen soll, wie ich mit mir umgehen soll.“
Gerda
Diese Geschichte zeigt ganz deutlich, dass das Annehmen Deiner COPD Krankheit ein wichtiger Schritt ist.
Ich möchte Dir Mut machen, zwar Deine Krankheit anzunehmen, aber bitte niemals aufzugeben.
Es gibt immer Wege zur Stabilisierung und Verbesserung Deiner Krankheit sowie Deines Wohlbefindens.